Ich war einige Jahre Schulpflegschaftsvorsitzender am Abtei-Gymnasium und durfte in der Zeit einige interessante Experimente aus nächster Nähe miterleben. Das Erste: was passiert, wenn man eine Schule in eine jahrzehntelange Dauerbaustelle verwandelt. Nun, LehrerInnen und SchülerInnen haben es ja offenbar überlebt. Gut, einige haben Nerven und Gesundheit in der Angelegenheit verloren, doch der Erfolg machte Mut für weitere Versuche. Zweitens: wir verwandeln das Abtei-Gymnasium in eine Ganztagsschule. Eine tolle Idee, der viele mit Begeisterung zugestimmt haben. Leider durfte das gesamte Konzept im laufenden Betrieb mit über 1000 SchülerInnen von Lehrern und Lehrerinnen ganz nebenbei aus dem Hut gezaubert werden.

Pädagogische Hilfe? Ideen von außen? Eine Gesamtschau auf die Ziele? Fehlanzeige. Ganz nebenbei hat irgendein Schlaumeier von der Regierung dann auch noch das Abitur nach 12 Schuljahren eingeführt, was aber nicht so gravierend war, denn schon  nach kurzer Zeit gab es ja eine neue Regierung, die das mit dem verkürzten Abi dann wieder zur Disposition gestellt hat. Und jetzt also: eine Gemeinschaftsschule. Oder doch lieber eine Gesamtschule?

Längeres gemeinsames Lernen ist jetzt das Allheilmittel. Gibt es irgendjemanden, der erklären kann, wie das gehen soll? Ein gemeinsames Lehrerkollegium mit über 200 Lehrern? Ein bürokratisches Monster mit 2000 Schülern? Und alle lernen schön „gemeinsam“? (Dass sie länger lernen, will ich nicht bestreiten, das wird wohl unvermeidlich werden!). Nach meiner Erfahrung ist da wieder einmal niemand, der auch nur den Hauch einer Vorstellung von dem hat, was er  fordert. Genau wie bei den anderen großartigen Experimenten. Wodurch lernt man denn gemeinsam? Durch Osmose? Durch schiere Größe? Durch andauernde, fortgesetzte Verunsicherung? Nein, das einzige, was das Abtei-Gymnasium jetzt erstmal brauchen kann, ist eine Phase der Ruhe und der Konsolidierung und wenn später mal jemand eine wirklich gute pädagogische Idee hat, dann kann man ja darüber erneut diskutieren.

Übrigens: bis heute hat es die Stadt, das Land, die Regierung ja noch nicht einmal geschafft, dass es am Abtei-Gymnasium eine funktionierende Toilette gibt. Vielleicht fängt man dann doch lieber mit Sachen an, die man überblicken kann. Längeres gemeinsames Wasserlassen, das wäre schon etwas, was sich viele Schülerinnen nur wünschen können.

Udo Eling