logo dpwMittwoch

Die Sonne scheint und aufgeregt warten wir auf die Ankunft unserer polnischen Gäste für die nächste Woche. Alle sind gespannt, wie das erste Treffen nach unserem gemeinsamen Treffen im polnischen Krzyżowa(Kreisau) ablaufen wird. Dort haben wir uns im September 2018 zum ersten Mal in der internationalen Jugendbegegnungsstätte getroffen und eine lehrreiche und interessante Zeit verbracht. Elf polnische Schülerinnen und Schüler sind nun nach Brauweiler gekommen, um acht Tage bei uns und unseren Familien zu leben, den Unterricht des Abtei-Gymnasiums zu besuchen und auf historische Spurensuche zu gehen. Die meisten unserer Austauschschüler kennen wir bereits aus Kreisau, sind genauso alt wie wir und besuchen ebenfalls die neunte Klasse unserer Partnerschule, der Szkoła Marzen aus Piaseczno.

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Natürlich sind wir ziemlich aufgeregt und gespannt, was uns die kommenden Tage erwartet. Als die polnische Gruppe endlich ankommt, sind aber alle Zweifel und Ängste schnell verflogen und wir freuen uns auf die gemeinsame Zeit. Nach einem kurzen Mittagessen in der Mensa unserer Schule machen wir uns auf den Weg nach Hause, um unseren Gastschülern unsere Familien vorzustellen. Manche gehen zu Fuß, andere fahren mit dem Bus oder werden mit dem Auto abgeholt. Uns allen gemeinsam ist, dass wir alle gespannt sind, wie es unseren Gästen in unseren Familien und in Deutschland gefallen wird.

Nachdem die Zimmer gezeigt, die Geschenke ausgepackt und etwas geredet wurde, geht es sogleich an die Nachmittagsplanung. Vom Entspannen im Garten bis zu einem Eis im Anschluss ist alles dabei. Nach der Anstrengung der Anreise und all den neuen Eindrücken sind unsere polnischen Freunde schon früh müde und wir begeben uns nach einem gemeinsamen Abendessen früh zu Bett, um für den nächsten Tag möglichst fit zu sein.

 

Donnerstag

Am nächsten Morgen sind wir schon früh wach. Nach leisem Klagen über Müdigkeit (in Polen fängt die Schule eine halbe Stunde später an) sind wir bereit für den bevorstehenden Tag. Auf unterschiedlichen Wegen treffen wir alle pünktlich zum Unterricht ein und gehen gemeinsam in den Unterricht. Unsere polnischen Gäste sind sichtlich vom Unterschied zu ihrer eigenen Schule überrascht.

Nach den ersten drei Unterrichtsstunden ist dann aber auch schon wieder ein gemeinsames Programm vorgesehen. Unser Schulleiter Herr Sina und sein Chemie-LK experimentieren mit uns gemeinsam und haben dazu ein Experiment vorbereitet. Wir bauen mit den Schülern des Chemie-LKs einen Hochofen und schmelzen Eisenerz, was ziemlich interessant ist und uns auf den kommenden Montag vorbereitet. Dann fahren wir nach Essen und besuchen die Zeche Zollverein. Dazu später mehr...

Nach so viel Chemie geht es dann für eine weitere Stunde in den Unterricht, um unseren Gästen einen größeren Einblick in das „wahre“ Schulleben zu ermöglichen. Leider prägen dort keine Experimente unseren Alltag. 

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Um die Mittagszeit machen wir uns aber dann auch schon wieder alle auf. Hunger kennt schließlich keine Grenzen. Bei Sonne, Döner und Salat sitzen wir gemütlich im Garten der Gourmet-Longe in Brauweiler und tauschen uns über den ersten Tag aus.

Mit vollem Bäuchen geht es nun zur Abtei-Brauweiler, wo unsere Geschichtskoryphäe Frau Coninx uns eine kenntnisreiche Führung gibt. Vom klösterlichen Leben im ehemaligen Benediktinerkloster bis hin zur Verbindung der Stifterfamile mit unserem Gastland Polen ist alles dabei! Die Tochter der Stifterin Mathilde, Richeza, war nämlich einst Königin von Polen. Richeza sollte sogar hier in der Abtei-Brauweiler begraben werden. Das hat zwar nicht ganz geklappt, da der damalige Erzbischof von Köln sie „gestohlen“ hat, aber nun kann man ihr Grab zumindest im Kölner Dom besuchen, was wir natürlich in den kommenden Tagen ebenfalls machen werden.

Auch über die dunklen Stunden der Abtei berichtet uns Frau Coninx und schlägt einen Bogen zur Zeit, als auf dem Gelände der Abtei ein Schutzhaftlager und Gestapogefängnis war, was sich schließlich zum Landeskrankenhaus für Psychiatrie entwickelte und heute ein Kulturzentrum ist. Wir schließen den Tag mit dem Gedenkstein an die Opfer des Nationalsozialismus ab, wo wir kurz stehen bleiben, Frau Coninx ausfragen und dann nachdenklich nach Hause gehen.

Freitag

Jetzt sind auch unsere polnischen Gäste auf das frühe Aufstehen eingestellt und für die erste Stunde geht es mit Proviant gepackt in die Schule. Dort treffen wir uns und fahren dann mit Bus und Bahn nach Köln. Als wir in Köln ankommen, sind wir früh dran, weshalb wir noch kurz Zeit haben, unseren Besuchern Teile der Innenstadt zu zeigen. Pünktlich um 10 Uhr geht es dann los mit einer Führung durch den Kölner Dom, zu der uns neben Herrn Nachreiner noch Herr Schuster begleitet; schließlich sind wir alle gespannt, wo sich das Grab von Richeza befindet.

Unsere zweisprachige Domführerin, sie spricht neben Deutsch auch Polnisch, hat alle Hände voll zu tun, um uns dieses eindrucksvolle Bauwerk der Gotik zu zeigen. Neben dem Schrein der Dreikönige, dem Richter-Fenster und all den anderen Sehenswürdigkeiten interessiert uns natürlich vor allem das Grab von Richeza. Dieses befindet sich in unmittelbarer Nähe des Dreikönigsschreins und begeistert nicht nur unsere Polen. Die majestätische Kathedrale des Mittelalters zeiht uns alle in ihren Bann. Nach zwei intensiven Stunden stattet uns Herr Nachreiner mit Essensgeld aus und in einer großen Gruppe geht es zu Vapiano und anschließend erkunden wir die Kölner Innenstadt, diesmal aber gründlich. Gestärkt und entspannt treffen wir nach der Mittagspause wieder am Dom und gehen von dort aus zum Altermarkt, wo sich der TimeRide befindet. Hier lernen wir auf drei verschieden Weisen das alte Köln kennen. Wir sehen dreidimensionale Bilder im sogenannten „Kaiserpanorama“, die sich direkt mit aktuellen Aufnahmen vergleichen lassen. Dann geht es ins „Cinema“, das die historische Entwicklung weniger mit Text und Sprache vermittelt, sondern mit Bildern, Musik und Emotionen einen Streifzug durch die Geschichte ermöglicht. Das Highlight ist jedoch der VR-Wagon, in dem wir in eine andere Zeit katapultiert werden. Wir erleben das alte „Cöln“ hautnah und werden ständig von witzigen Handlungen überrascht, wobei wir selbst mit einfachen Kopfbewegungen entscheiden dürfen, was wir sehen wollen. Alle sind sichtlich begeistert und machen sich mit diesen Eindrücken auf den Heimweg. In der S-Bahn erkennen wir dann die Parallelen zwischen unserer Virtual-Reality-Fahrt und dem, was wir nun in der Realität sehen können. Zuhause geht es dann wieder ruhiger zu.

Samstag und Sonntag

Das Wochenende steht bei allen im Zeichen der Familie. Viele unternehmen etwas gemeinsam und bringen ihrem Gast und neuem Familienmitglied die nähere Umgebung und Kultur näher. Es werden Ausflüge gemacht, Spiele gespielt oder gegrillt. Einige Familien organisieren sogar gemeinsame Events, manche treffen sich zum Picknick im Abteipark.

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Montag

Nach einem abwechslungsreichen Wochenende treffen wir uns am Montagmorgen wieder in der Schule und fahren gemeinsam nach Essen zur Zeche Zollverein. Nachdem wir mit Herrn Sina und seinem Chemie-LK Eisen geschmolzen haben, wollen wir nun sehen, wie der Brennstoff aller Hochöfen gefördert wurde. Und was bietet sich da an, als die größte ehemalige Zeche Europas zu besuchen? Hier ist aber nicht nur die Kohleförderung von Bedeutung, sondern das Ruhrgebiet führt Polen und Deutsche historisch zueinander; denn das Ruhrgebiet und die Zeche Zollverein ist zu einem nicht unerheblichen Teil auch auf den Schultern von ehemaligen polnischen „Gastarbeitern“ groß geworden. Noch heute kann man an vielen Nachnamen diese geschichtlichen Wurzeln unserer gemeinsamen Vergangenheit erkennen.

Nach einer verhältnismäßig kurzen Busfahrt kommen wir an der Zeche an und sind von der schieren Größe des heute zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Industriekomplex überwältigt. Alleine das Treppensteigen zum Museum (die Zeche wurde in den 1980er Jahren mangels wirtschaftlicher Rentabilität geschlossen) bringt einen außer Puste. Es sei denn, man ist faul und nimmt die Rolltreppe...

Dieses Mal gibt es getrennte Gruppen, da die Führungen auf Deutsch oder Polnisch durchgeführt werden und die beiden Führerinnen nicht alles doppelt erzählen müssen. Die Führungen sind sehr interessant! Berichtet wird von Kumpels (so nennt man die Arbeiter in einem Kohlebergwerk), dem Leben unter Tage, der Arbeit am Kohlesieb und eben den polnischen Arbeitern, die damals ins Ruhrgebiet kamen und heute Deutsche sind. Als wir zum Schluss noch auf das Dach der Kohlewäscherei steigen, um das Ausmaß des Industriekomplexes begreifen zu können, haben wir natürlich wieder HUNGER.

Der Busfahrer bringt uns folglich in die Innenstadt, wo wir das Einkaufszentrum „Limbecker Platz“ aufsuchen, um diesen erfolgreich bekämpfen zu können. In Kleingruppen schlendern wir durch die Geschäfte und wir beschränken uns nicht nur aufs Essen, sondern einige kaufen Souvenirs.

 Plötzlich geht der Alarm los und wir eilen alle panisch nach draußen, wo wir uns glücklicherweise alle heil und gesund wiederfinden. Probealarm!

Ein wenig aufgereckt aber satt machen wir uns dann wieder auf Richtung Brauweiler. 

Dienstag

Morgens treffen wir uns wie immer an der Schule und warten im leichten Regen auf den Bus, der uns zur S-Bahn und dann nach Bonn bringen soll. Doch wo ist der Bus? Die öffentlichen Verkehrsmittel sind leider auch nicht mehr das, was sie einmal waren... Total verspätet trifft er dann jedoch doch noch ein.

Von der Verspätung lassen wir uns unsere Motivation nicht nehmen und treffen schließlich doch noch am Haus der Geschichte, das eigentlich „Haus der deutschen Geschichte seit 1945“ heißen sollte, ein. Auch hier haben wir wieder eine Führung auf Polnisch und eine auf Deutsch und erkunden in zwei Gruppen das Museum, die aufgrund der Verspätung leider etwas kürzer ausfällt. Die verlorene Zeit nutzen wir im Anschluss an die Führung aber, um die Exponate auch auf eigene Faust zu erkunden. Von den 1945er Jahre bis hin zur unmittelbaren Gegenwart (selbst die „Flüchtlingskrise“ ist hier Thema) ist alles dabei und so können wir uns mit viel neuem Wissen und lustigen Fotos wieder auf den Weg machen, etwas Essen zu gehen. Wieder geht es zu Vapiano. Alle essen gemütlich und unterhalten sich angeregt über das, was wir gesehen haben. Via Bus und Bahn geht es dann wieder Richtung Heimat und eine verpasste Bahn (der öffentliche Nahverkehr...) und einen verregneten Heimweg später kommen wir in Brauweiler an.

Am Abend feiern wir eine Party, andere spielen und die meisten stellen sich gegenseitig landestypische Musik, Spiele und Tänze vor. Zum Glück haben wir bei uns in Köln Karnevalsmusik!

Mittwoch

Der Tag der Abreise ist leider gekommen und zugleich ein Tag, an dem wir eigentlich schulfrei haben. Um kurz nach neun schlagen wir aber trotzdem in der Schule auf, um erst die Koffer zu verstauen und dann gemeinsam zum nahegelegenen Golfplatz zu gehen. Nach 40 Minuten an der frischen Luft kommen wir am Clarenhof an, unser Golftrainer ist aber nicht da...

Wir finden trotzdem Wege, die Zeit gut zu nutzen und sitzen in der Sonne oder fahren mit der „Seilbahn“. Endlich kommt auch der Golflehrer! Unser Trainer hat sich aufgrund von Stau und ausfallendem Bus (der Nahverkehr...) verspätet, bei einem kleinen Golfturnier haben wir dennoch sehr viel Spaß. Dann geht es aber auch schon wieder zurück nach Brauweiler. Diesmal mit dem Bus, der sich aber wieder verspätet. 

In Brauweiler angekommen kehren wir wieder gemeinsam in die Gourmet-Lounge ein. Döner- und Falafel-Taschen sind schnell fertig und wir hauen kräftig rein. Als wir dann aufbrechen, wissen wir, dass der Moment des Abschiednehmens nah ist. An der Schule angekommen werden nur noch die Koffer geholt und wir begleiten unsere Freunde zum Bus, der sie nach Düsseldorf fährt. Nach langen Umarmungen und Worten des Abschieds winken wir dem grauen Bus hinterher, Es ist schade, dass unsere Gäste jetzt weg sind... Aber wir freuen uns schon auf den kommenden September! Dann geht’s nämlich nach Piaseczno und wir sind Austauschschüler in Polen!

Eine Reportage von Carolin Kaminski

Wir möchten uns an dieser Stelle im Namen aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Deutsch-Polnischen-Jugendwerk (DPJW) bedanken, dass den Austausch durch tatkräftige finanzielle Unterstützung erst möglich gemacht hat! DANKE!!!!

T. Nachreiner